A.R. PENCK


A.R. PENCK
Der expressive Kosmos
Er wanderte durch den Eisernen Vorhang von Ost nach West, er war ein ungemein schöpferischer Künstler mit einer kosmopolitischen Biografie – und sein Werk eröffnet weite Dimensionen der Wahrnehmung. A.R. Pencks Œuvre ist der expressive Kosmos eines Vielseitigen von absolut außergewöhnlichem Rang. Längst wird der Maler, Grafiker und Bildhauer von der Fachwelt zu den bedeutendsten Nachkriegskünstlern Deutschlands gezählt. Und zudem war er der Wegweiser und Wegbereiter für einen kraftvollen Neoexpressionismus, der sich ab den 1980er Jahren unter dem Begriff „Die Neuen Wilden“ in die jüngere Kunstgeschichte eingeschrieben hat. Und weil Penck gleichsam als Pionier und spiritus rector auf andere Maler wirkte, bekam er später den plakativen Beinamen „Der Vater der Neuen Wilden“.

Werke von A.R. Penck finden sich in berühmten Museen und Sammlungen rund um den Globus: In New York, beispielsweise, kann das Publikum Arbeiten dieses ausgesprochen vielseitigen Kunstschaffenden im MoMa erleben, dem Museum of Modern Art, in Amsterdam im Stedelijk Museum und in Deutschland in zahlreichen namhaften Adressen wie der Pinakothek der Moderne in München, der Hamburger Kunsthalle und in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Pencks Heimatstadt.

International herrscht nach wie vor eine starke Nachfrage nach Arbeiten von A.R. Penck. Nicht nur, weil er längst eine arrivierte Größe auf dem Kunstmarkt ist, sondern weil seine kraftvollen Bilder ein zeitloses Faszinosum darstellen. So steht der "Vater der Neuen Wilden" bei Sammlern für deutliche Wertsteigerungen.

A.R. Penck und Kunst in Krefeld

Auch in Krefeld hat dieser Ausnahme-Künstler, was etwas in Vergessenheit geraten ist, bemerkenswerte Spuren hinterlassen: 1970 zeigte das Museum Haus Lange, unter der Ägide des Krefelder Museumsdirektors Paul Wember, die allererste museale Penck-Ausstellung nicht nur im Westen der geteilten Nation, sondern in der westlichen Welt überhaupt. Kaum einer kannte damals den Mann aus dem Osten. Der Titel der Werkschau klang 1970 inmitten des Kalten Krieges nicht nur in puncto Kunst programmatisch: "Zeichen als Verständigung". Ein signifikantes Diktum für einen Genius, der eine eigene, solitäre Zeichen- und Bildersprache entwickelt hat.

Die Galerie Heidefeld & Partner knüpft gerne an diesen, aus den Augen geratenen Krefelder Traditions-Faden an – und führt ausgewählte Arbeiten in ihrem permanenten Portfolio. Eine sicherlich attraktive Okkasion für Kunstsammler (nicht nur) aus der Region.

Die Namenswelt des Ralf Winkler

A.R. Penck war eine Künstler-Persönlichkeit von enormer Vitalität und weitem Potenzial. Er nahm sich viele Freiheiten - gerade auch künstlerisch. Auf die (Partei-)Linie des Sozialistischen Realismus in der DDR war der geborene Dresdner nicht einzuschwören. Bald schon bekam Penck, gerade auch wegen seiner diskreten Kontakte zur Kulturszene in der alten Bundesrepublik, Probleme mit dem Sicherheits-Apparat des selbsternannten Arbeiter- und Bauernstaats. In einem Katz- und Maus-Spiel mit der Stasi tarnte sich der Regimekritiker mit wechselnden Künstlernamen wie beispielsweise Theodor Marx, Mickey Spillane oder schlicht "a. Y." oder "Y". So schaffte er es, eigene Arbeiten undercover in West-Ausstellungen einzuschleusen – und wurde 1972 sogar Teilnehmer der Documenta 5 in Kassel, seiner ersten.

In der Kunstszene legendären Klang hat auch Pencks Pseudonym Mike Hammer. Es ist ein subversiv-ironisches Konstrukt, das auf das Schlagwerkzeug im Hammer- und-Sichel-Staat ebenso anspielt wie auf den rauhbeinigen US-amerikanischen Privatdetektiv Mike Hammer, dem schon mal knallige antikommunistische Sprüche über die kesse Lippe kamen. Mike Hammer, der Name einer US-Krimi-Figur aus Romanen von Mickey Spillane, wurde auch Titel einer Werkserie von A.R. Penck.

Eigentlich kam der Mann der manchen Namen 1939 in Dresden als Ralf Winkler zur Welt. Ab 1969 verwendete er zunehmend das Pseudonym A.R. Penck, unter dem er in den folgenden Jahrzehnten international sehr bekannt werden sollte.

Der geniale Autodidakt

Schon in den 1950er und 1960er Jahren betrieb der Autodidakt, dem die Einschreibung in DDR-Kunstakademien verwehrt wurde, intensive Privatstudien zur Kunstgeschichte. Ebenso belegte er Abendkurse in Malerei und Zeichnen. Lange Zeit schlug sich A.R. Penck mit Gelegenheits-Jobs durch, etwa als Heizer, Briefträger, Nachtwächter und Kleindarsteller. In dieser Zeit sog er Einflüsse auf und war auf der Suche nach etwas, das man als künstlerische Ursprache bezeichnen könnte. Und er fand sie. Penck entdeckte seine zündende Inspiration in der Eiszeit- und Höhlenmalerei. Aus diesen Ur-Darstellungen entwickelte er seine individuelle Zeichen- und Signalsprache. Davon beeinflusst, entstanden in den 1970er Jahren die großformatigen "Standart-Bilder“, eine künstlerische Symbiose von archaischer Höhlenmalerei und der Moderne des 20. Jahrhunderts, und die Standart-Modelle, Plastiken aus Leukoplast. Standart definierte er als Concept Art mit elementaren Formen; das Wort ist ein Kompositum von Standard und Art. Schnell hatte ihn der Kunstbetrieb als Meister der Strichmännchen apostrophiert.

Sehr belangreich für seine künstlerische Biografie war die Freundschaft mit dem West-Kollegen Jörg Immendorff, den er 1976 kennenlernte. Daraus wuchs eine Zusammenarbeit, und Immendorff förderte den DDR-Dissidenten nachhaltig. 1980 wurde A.R. Penck, der unter Stasi-Repressalien und der Beschlagnahmung von Werken zu leiden hatte, ausgebürgert und ging in den Westen, zunächst nach Kerpen bei Köln.

Der Meister der Zeichen

A.R. Penck hat ein kraftvolles, sehr eindruckmächtiges Werk geschaffen, das von seiner charakteristischen Zeichen- und Bildersprache geprägt wird. Werke, die virtuos an archaische Höhlenmalerei erinnern und opulent reich an kalligrafischen Kürzeln, Graffiti-Elementen und Piktogrammen sind. Übrigens hat sich der Künstler bei seinem etablierten Namen von dem Geologen und Eiszeit-Forscher Albrecht Penck inspirieren lassen.

Sein vitales Werk wurde auch zur Inspirationsquelle für junge Künstler - wie eben die Maler der "Neuen Wilden" in Deutschland und das Graffiti-Genie Keith Haring in den USA.

A.R. Penck ging seinen eigenen, seinen einzigartigen Weg. Ein Studium blieb ihm in der DDR verwehrt. So entwickelte sich der Dresdner zu einem buchstäblich non-akademischen und mit Sicherheit unorthodoxen Bildner, jenseits der Begrenzungen des Sozialistischen Realismus. Ironischerweise musste er erst Hochschullehrer werden, um die universitäre Bildungswelt betreten zu dürfen: 1989 wurde A.R. Penck als Professor für Malerei an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen – und das blieb der Autodidakt bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2003. Danach zog er, nachdem er auch Jahre in London verbracht hatte, nach Irland und lebte zuletzt zurückgezogen in Dublin.

Am 2. Mai 2017 ist A.R. Penck im Alter von 77 Jahren nach einer schweren Erkrankung in Zürich gestorben.

Anlässlich der A.R. Penck-Ausstellung vom 18. März bis zum 21. April 2018 hat die Galerie Heidefeld & Partner einen eigenen Katalog über A.R. Penck und sein Werk herausgegeben.
Downloaden Sie hier den
Katalog zur Ausstellung

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